Hallo Wolfgang,
an sich ist das eigentlich ziemlich Schade, da immerhin einige Module wahrscheinlich durchaus freie Texte gewesen sein dürften. Idealerweise hätte das Modul-Repository einfach mit uns und anderen Leuten kooperieren können, um den rechtlichen Status und die Authentizität der Texte zu prüfen und auf diese Weise mit der Zeit eine wirklich garantiert freie Quelle für Bibeltexte zu etablieren. Sofern aber außer dem nun eingestellten Zefania-Modul-Repository keine Alternative zu finden ist, die wenigstens das Potential dazu hätte, müssen wir wohl versuchen, im Rahmen von „Free Scriptures“ etwas derartiges zu organisieren, denn der Bedarf dafür ist zweifellos unvermindert da.
Das Problem bei den „uralten Schinken“ ist, dass diese manchmal neu aufgelegt und nachgedruckt werden. Der reine, textuell unveränderte Nachdruck und die reine, textuell unveränderte Neuauflage legitimieren keinen neuen urheberrechtlichen Schutz des Textes (auch wenn das manche Herausgeber solcher Ausgaben noch so sehr behaupten möchten), aber dafür muss auch erstmal festgestellt werden, dass eine Neuauflage tatsächlich unverändert ist und keine neueren, eigenen Änderungen des Aufbereiters enthält, welche einen neuen urheberrechtlichen Schutz begründen könnten (Nachdrucke sind 1:1 identisch, da kann man das allein schon durch optischen Vergleich feststellen). Genau aus diesem Grund sammeln wir im Rahmen des Projekts „Freie Bibel“ die originalen Drucke, um anhand dieser den originalen, gemeinfreien Text initial überhaupt erst herzustellen oder die Übereinstimmung durch unabhängige, transparente und dokumentierte Prüfung garantieren zu können. Und wenn dies schon für gedruckte Neuauflagen gilt, dann umso mehr für digitale Texte, die viel leichter jederzeit von jedermann geändert werden können.
Es mag sein, dass bei den alten, an sich gemeinfreien Übersetzungen keine oder kaum Fälle vorgekommen sind, bei welchen Verstöße gegen das Urheberrecht behauptet und rechtsgültig geahndet worden sind. Fakt ist aber auch, dass so gut wie alle Neuauflagen alter Texte explizit behaupten und mir noch nie ein Nachdruck oder eine Neuauflage begegnet ist, in welcher ausdrücklich steht, dass der Text gemeinfrei ist und womöglich auch die rein mechanische Aufbereitung keinen neuen Rechtsanspruch begründet. Jetzt ist es in der Praxis so, dass es wohl meistens zu einer außergerichtlichen Einigung (meistens Unterlassungserklärung) kommen dürfte, denn die wenigsten Webseitenbetreiber o.ä. können es sich leisten, gegen die Rechtsabteilung eines Verlages anzugehen. Dementsprechend sind tatsächliche Urteile erstens nicht besonders häufig, und zweitens gelangen auch außergerichtliche Einigungen nicht unbedingt ans Licht der Öffentlichkeit. Wir sollten allerdings im Rahmen der Projekte „Freie Bibel“ und „Free Scriptures“ (d.h. auch international) alle Vorfälle dokumentieren, welche gegenwärtig nur verstreut und gelegentlich mal öffentlich bekannt werden. Unserem Projekt kommt in diesem Zusammenhang aber auch eine sehr wichtige Aufgabe zu: indem wir den originalen gemeinfreien Text mit einer Neuauflage vergleichen und transparent „Beweise“ für die Übereinstimmung liefern, kann für Neuauflagen sicher ausgesagt werden, dass diese entweder den Text verändert haben oder alternativ keinen urheberrechtlichen Schutz genießen. Diese empirisch gesammelten Informationen helfen, den Status der Gemeinfreiheit effektiv gegen die Behauptungen der Herausgeber von Neuauflagen zu verteidigen, sodass jedermann keine Beschuldigung hinsichtlich einer Urheberrechtsverletzung mehr zu fürchten braucht und verlässlich in den Genuss der Gemeinfreiheit kommt. Insofern könnte man auch an moderne, „digitale Masoreten“ denken, welche die Sammlung, den Abgleich, die Dokumentierung und die Überlieferung des Bibeltextes in unserer heutigen Zeit betreiben. Freilich ist das ein aufwändiges Unterfangen, da heute viel mehr Texte (auch Übersetzungen) vorliegen als in früheren Tagen, jedoch haben wir auch allerlei geeignete Werkzeuge, welche diese Aufgabe enorm erleichtern.
Einzelne Wörter sind urheberrechtlich komplett irrelevant, aber sobald diese gehäuft in bestimmter Art und Weise eingesetzt werden, können Wortkombinationen (= Texte) urheberrechtlichen Schutz begründen. Wörter sind eher beim Markenrecht relevant, aber das wird in unserem Fall wohl weniger zutreffen. Die Überprüfung einzelner Wörter ist also nicht rechtlich von Belang, dafür aber für die Korrektheit des Textes. Wenn ich korrekturlese, vergleiche ich zwar nicht einzelne Buchstaben, aber immerhin einzelne Wortsilben, und ich halte das nicht für schwachsinnig, sondern für notwendig. Die Überprüfung nach einem Download macht aber tatsächlich keinen Sinn, da man heutzutage Werkzeuge hat (diff-Tools), die den automatischen textuellen Vergleich von zwei Dateien ermöglichen, sodass man im Grunde verschiedene voneinander abweichende Versionen mit Leichtigkeit identifizieren kann und sich dabei an die Quellen seines Vertrauens oder auf eigene Dateibestände hält. Ferner kann man eine Hash-Summe (Checksumme) für die Dateien berechnen lassen, sodass selbst die kleinste Änderung sofort festgestellt werden kann, wenn die lokale Berechnung einer heruntergeladenen Datei zu einem anderen Ergebnis führt.
Bezüglich Diskussionsplattformen: da wir ja eine anbieten und sogar unregistrierten Besuchern Schreibrechte gewähren, besteht natürlich jederzeit die Möglichkeit, dass sich auch Leute zu Wort melden, die ganz andere Standpunkte vertreten, womöglich gar im Widerspruch zu unseren Projektzielen. Nun, ich schätze mal, dass wir das in Kauf nehmen, sofern Aussagen nicht grob und offensichtlich falsch sind oder sie zu fragwürdiger oder kontraproduktiver Praxis aufrufen. Abseits dessen wollen wir aber eigentlich schon den Austausch fördern, und zwar, indem kontroverse Themen offen diskutiert werden, damit sich die potentiell beste Lösung herauskristallisieren kann oder alternativ deutlich wird, wer welche Ziele verfolgt und ob diese kompatibel sind. Außerdem kann man sich selbst ja auch im Irrtum befinden, und über die Zeit kann sich durchaus auch mal die eigene Einschätzung ändern. Oftmals werden die Diskussionen ohnehin geführt, und zwar privat, weswegen man mit einem Forum gleich die breite Öffentlichkeit mitbeteiligen kann an den eigenen Überlegungen.
Bezüglich „Urheberrechtsfetischisten“ (was auch immer das sein soll): jeder, der Grund zu der Annahme hat, dass eine Urheberrechtsverletzung vorliegt und diese meldet, bietet eine Möglichkeit, einer tatsächlichen Klage zu entgehen. Dabei können entweder von der einen Partei die Bedenken zerstreut werden, indem die urheberrechtliche Unbedenklichkeit aufgezeigt wird, oder aber die andere Partei erhärtet den Verdacht, indem Hinweise auf eine bestehende, nicht abgelaufene Schutzfrist aufgeführt werden. Freilich kann man solche Meldungen ignorieren, was aber keine so gute Idee ist, denn Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, und nach der Meldung ist man in jedem Fall bereits informiert worden, was vor Gericht dann als wissentliche Urheberrechtsverletzung ausgelegt werden könnte. Auch hilft es wenig, einfach keine Möglichkeit zur Meldung eines solchen Verdachts vorzusehen, denn ein Richter wird wohl zu bewerten wissen, ob man sich allgemein Mühe gegeben hat, die verschiedenen Rechtsansprüche zu beachten, oder ob man deren Verletzung absichtlich oder stillschweigend in Kauf genommen hat. Dies hat auch deshalb noch eine verstärkte Brisanz, da neben unbeteiligten Privatpersonen, welche nicht selbst Urheber des Werkes sind, auch der wirkliche Rechteeigentümer oder -Verwerter von sich aus auf den Verstoß aufmerksam werden könnte, oder aber von anderen Leuten, welche sich über den urheberrechtlichen Status des Werkes auf der Webseite des Distributors erkundigen möchten, selbigen auf den potentiellen Verstoß absichtlich oder unabsichtlich hinweisen.
Auch wenn bisher beim Zefania-Modul-Repository keine Beschwerden von Urhebern eingegangen sind, heißt das nicht, dass sie nicht in der Zukunft eingehen könnten. Unser Anliegen ist dabei, allein schon die Möglichkeit dazu zu eliminieren, indem wir uns auf garantiert gemeinfreie und frei lizenzierte Bibeltexte beschränken. Wir können es uns nicht leisten, unsere Benutzer diesem Risiko auszusetzen, nur weil wir uns nicht groß um den urheberrechtlichen Status scheren, sodass bei einem Urheber oder Rechteverwerter, der es darauf anlegt, sowohl wir als auch alle unsere Nutzer die rechtlichen Konsequenzen zu tragen hätten.
Dass sich kein Urheber oder Rechteverwerter gemeldet hat, hat damit zu tun, dass zumindest manche Übersetzer und Verlage sich davor hüten, jemanden wegen der Verbreitung des Bibeltextes abzumahnen/anzuklagen, und sei es auch nur, weil dies die Akzeptanz des Produkts und damit die Anzahl der Verkäufe negativ beeinflussen würde. Dies trifft aber nicht auf jeden Übersetzer und Verlag zu, zum Teil gibt es hier relativ aggressiv agierende Rechteverwerter. Zusätzlich hat es das Zefania-Modul-Repository Urhebern und Rechteverwertern ja nicht gerade einfach gemacht, mit den verantwortlichen Betreibern in Kontakt zu treten. Eine Hürde ist dabei die SourceForge-Webseite, eine andere die möglicherweise notwendige internationale Abwicklung (über das internationale Urheberrecht statt über ein nationales), eine dritte die Erschwernis, die postalische Anschrift der verantwortlichen Person(en) herauszufinden. Wir werden mit den „Free Scriptures Language Teams“ dafür sorgen, dass eine Abwicklung über nationales Urheberrecht erfolgen kann, indem selbige Language Teams für die Rechtmäßigkeit der erarbeiteten und bereitgestellten Texte selbst verantwortlich und auch haftbar sind, so wie wir das z.B. gegenwärtig für die deutschsprachigen Übersetzungen sind.
Dass es durch das Zefania-Modul-Repository keine Rechtsverletzungen gab, halte ich nicht für sehr wahrscheinlich, denn wie sich jetzt erst gezeigt hat, bestand die ganze Argumentation darauf, dass noch keine Rechtsverletzung zu rechtlichen Konsequenzen geführt hat, anstatt die urheberrechtliche Unbedenklichkeit konkret zu belegen. Solange also nicht die rechtliche Unbedenklichkeit gründlich aufgezeigt wird, muss eigentlich von der rechtlichen Bedenklichkeit ausgegangen werden. Mindestens jedoch hätte, wenn manche Texte mit Genehmigung (jedoch trotzdem unfrei) verbreitet worden wären, eine eben solche Genehmigung angeführt werden können, und diese Behauptung hätte man ggf. beim Urheber oder Rechteverwerter gegenprüfen können. Allerdings wurde stattdessen für einen Fall behauptet, dass andere Webseiten die Genehmigung wohl hätten, und daraus unzulässigerweise das Recht abgeleitet, dass man dann ebenfalls den Text weiterverbreiten dürfe, was so aber keinesfalls gegeben ist. Wobei ich es immer für schwierig halte, sich mit den rechtlichen Verhältnissen anderer Länder zu beschäftigen, aber wenigstens hätten wir für die deutschen Übersetzungen (siehe Liste oben) eine Überprüfung durchführen können, was wir ohnehin hätten tun müssen, wenn wir Texte aus dem Zefania-Modul-Repository für „Freie Bibel“ hätten nutzen wollen.
Die DMCA-Takedown-Seite behauptet groben Unfug, denn man kann digitale Güter oder sog. „geistiges Eigentum“ nicht stehlen - wenn jemand eine Kopie anfertigt, geht das Original dem ursprünglichen Besitzer nicht verloren. Reine Propaganda der Rechteverwerter-Lobby.
Die CrossWire Bible Society ist durchaus wohl nicht Urheber einiger durch sie angebotenen Texte, sondern verbreitet diese per Genehmigung. Jetzt basieren deren Anschuldigungen vermutlich in erster Linie darauf, dass sie sich nicht vorstellen können, dass das Zefania-Modul-Repository ebenfalls eine Genehmigung vom eigentlichen Urheber erhalten hat (was auch seitens des Zefania-Modul-Repositorys nicht gerade nahegelegt wurde). Gleichzeitig ist aber davon auszugehen, dass die CrossWire Bible Society in Kontakt mit den Urhebern oder Rechteverwertern steht, welche die Genehmigung an CrossWire erteilt haben. Von daher kann CrossWire zwar nicht selbst einen Rechteverstoß geltend machen, aber möglicherweise den eigentlichen Urheber dazu veranlassen, sofern dieser erreichbar und willens dazu ist.
Vielleicht noch eine kleine allgemeine Ergänzung: wir wollen darauf hinwirken, dass idealerweise ausschließlich gemeinfreie und frei lizenzierte Bibeltexte verwendet und die unfreien, genehmigungsabhängigen Angebote ignoriert und abgelehnt werden, da eine solche Veröffentlichungspolitik zur Unterstützung von längst hinfälligen Geschäftsmodellen Individuen und Organisationen effektiv daran hindert, den Bibeltext zum größtmöglichen Nutzen zu gebrauchen, was nicht allein ethisch verwerflich ist, sondern auch gegen die Aussagen der Bibel selbst verstößt.
Noch eine weitere, kleine Anmerkung: Ich hoffe, dass Tom Baccei sich jetzt nicht irgendwie persönlich angegriffen fühlt, denn sehr gerne würden wir natürlich weiter an freien Bibeltexten und deren Bereitstellung arbeiten. Ganz generell gibt es unvermindert weiterhin viel auf diesem Gebiet zu tun, eben genau die Überprüfung, Korrektur und Verbreitung bestehender digitaler Bibeltexte, aber auch die Definition des Zefania-2014-Schemas sowie die Entwicklung von Software, welche diesen Standard verwendet. Ich habe noch nicht nachgeschaut, ob man auf SourceForge anderen Benutzern Nachrichten schreiben kann, aber vielleicht stehst du ohnehin mit ihm in Kontakt.
Grüße,
Stephan